
TippAKTUELL
So läuft der Laden!
Der Onlinehandel wächst und rückt den stationären Verkauf immer
mehr in den Hintergrund. Doch wie kann sich der Einzelhandel gegen
die Onlineriesen durchsetzen? Dr. Wolfgang Frick zeigt mit seinem Buch
„Online ist schlagbar“, wie sich der Fachhandel sich auf die geänderten
Spielregeln der Digitalisierung einstellen kann.
Mit seinem Buch „Online ist schlagbar“
widerspricht Dr. Wolfgang Frick,
Vorstand Marketing und Sortimentsmanagement
der Spar Handels AG, vielen
gängigen Untergangsszenarien. „Handelsentwicklung
war immer schon Gesellschaftsentwicklung“,
sagt der Handelsexperte. „Selbst -
bedienung, Scannerkassen, Waren- und Erlebniswelten
– das hat man alles dem Handel zu
verdanken. Jetzt wurde uns die Fernbedienung
genommen und andere schalten für uns um
und wechseln den Kanal. Besinnen wir uns auf
unsere ursprünglichen Stärken des Händlers,
bekommen wir diese wieder in die Hände.“
Denn vieles kann der stationäre Handel besser.
Dr. Wolfgang Frick: „You never can email a
handshake – die persönliche Beziehung zum
Kunden, Augenkontakt und die Fähigkeit, aus
der Kundenreaktion Rückschlüsse ziehen zu
können. Das geht nur offline, also stationär.
Die Produkte sind original verpackt und nicht
gebraucht; online kann schon einmal ein
Retourpaket eines anderen Benutzers falsche
Wege gehen. Jeder Kunde im
Laden zahlt den gleichen Preis,
der nicht durch ein Algorithmus
ermittelt wurde.“
Vom Onlinehandel lernen
Trotzdem kann das stationäre Geschäft noch
so manches dazulernen. Oft sind es einfache
Dinge, die sich vom Onlinevertrieb abschauen
lassen: Kunden, die dieses Produkt kauften,
kauften auch… Nur noch fünf Stück am Lager
– Nachschub folgt. Die Bestseller der Woche.
Warenpräsentation nach Preisgruppen usw.
Solche Marketing-Instrumente findet man
online überall und diese können ohne weiteres
vom Handel kopiert werden.
Das bedeutet aber nicht, dass zwangsläufig
jeder stationäre Händler einen Onlineshop
betreiben muss. „Ein Onlineshop macht nicht
für jedes Geschäftsmodell Sinn“, betont Frick.
Die größte Gefahr sieht er in einer Verdoppelung
der Fixkosten einerseits – es müssen zwei
Kanäle bedient, gepflegt und betreut werden –
und einer Halbierung des Umsatzes andererseits.
„Man gewinnt nicht unbedingt auf Anhieb
neue Kunden. Anfangs werden eher bestehende
von offline zu online wechseln. Somit
ist dieser Schritt sehr gut zu überlegen und
nicht immer notwendig.“
Verkäufer in der Hauptrolle
Dem Personal im Verkauf misst Dr. Wolfgang
Frick eine zentrale Rolle zu. „Wir
brauchen Mit-Arbeiter statt Ab-Arbeiter.
Wir als Unternehmer sind in der
Pflicht, diese zu schulen und ihnen
mehr Verantwortung zu übertragen.
Wer dem Kunden in die
Augen schaut, muss auch die
Kompetenz haben, selbst entscheiden
zu können.“ Denn wahre Größe
entscheidet sich oft in Kleinigkeiten,
so Frick: „Wenn ich für mehrere hundert
Euro einkaufe und beim wichtigsten
und letzten Eindruck – der
„Online ist schlagbar!“ von Dr. Wolfgang
Frick richtet sich an Einzelhändler und
Mitarbeiter im Verkauf, die mit Rat und
Tat Kunden überzeugen möchten.
Übergabe des Kassenbons – werden noch 50
Cent für eine Tragtasche verrechnet, ist das in
meinen Augen lächerlich. Und auf Nachfrage
heißt es dann: Muss den Chef fragen oder ist
bei uns nicht üblich. Wenn dann der Kassenbildschirm
noch mehr strahlt als die Kassiererin,
werden Kunden dem Online-Handel zugespielt.
Hier braucht es ein massives Umdenken.“
Hauptsache bequem
In seinem Buch beschäftigt sich Dr. Wolfgang
Frick auch mit der Frage, wie sich der Einzelhandel
im Jahr 2030 aufstellen wird. Dabei
geht es vor allem um Convenience, also Bequemlichkeit
beim Einkauf: „Wir müssen dem
Kunden Erlebnisse und Überraschungen bieten.
Jeden Tag neue. Zeit sparen beim Einkaufen.
Wir werden vom Einzelhändler zum Gemeinschaftsanbieter
mutieren, im Sinne von örtlichen
Wirtschaftsgemeinschaften und Kaufmannschaften.
Eine Renaissance der Automaten
wird kommen – stumme Verkäufer rund
um die Uhr. Und amerikanische Verhältnisse mit
Öffnungszeiten 24 Stunden 7 Tage die Woche
kommen schneller als wir erwarten. Neue Angebotsformen
und die Zustellung von Lebensmitteln
bis in den Kühlschrank ist nur eine
Frage der Zeit. VerkäuferInnen werden immer
mehr zum Reisebegleiter der Customer-Journey
– sonst werden sie durch Roboter ersetzt.“
14 | pbs AKTUELL 1-2020
Bild: nastya gepp, pixabay